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Vor, Indes und Nach

Kontextabhängige Beschreibungen zur Vor, Nach, Indes und Fühlen.


 Quelle

(47r) Das Vor. Also das Vor ist, wenn Du erkennst mit den Hauen denn, dass er Dir versetzen muss, so arbeitet Indes behenden mit dem Messer vor Dir und lasse ihn danach zu keiner Arbeit kommen.So hast Du ihm abgewunden das Vor.

Das Nach. Also wenn er kommt mit dem Hau, den Du versetzen musst, so arbeite behenden mit dem Messer oder sonst mit Stücken. So nimmst Du ihm das Vor mit dem Nach: Und das heißt das Vor und das Nach.

Indes, Vor und Nach – die Worte Sind aller Kunst ein Hort Schwäche und Stärke prüfe wissend Wenn Du künstlich fechten willst.Hier sagt der Meister und meldet die Grundlagen des Messerfechtens und spricht: Indes, Vor und Nach sollst Du verstanden haben, so dass Du vor allen Dingen recht vernehmen sollst, die zwei Dinge, dass ist Vor und Nach und die Schwäche und die Stärke und das Wort Indes, denn daraus kommt die Grundlage der Kunst des Messerfechtens.

... Und wenn Du die Dinge rechte vernimmst und verstehst und zuvor auch das Wort Indes nicht vergisst, in allen Stücken die Du treiben willst. So magst Du wohl ein guter Meister des Messers sein und magst Fürsten und Herren lehren, dass sie mit rechter Kunst wohl bestens in Schimpf und im Ernst fechten.


Ein Fechter ist entweder im Vor, dann greift er den Gegenfechter an und dieser muss sich verteidigen werden. Oder er ist im Nach, dann muss er den Angriff des Gegenparts versetzen, damit er nicht getroffen wird. Hier kommt noch einmal das taktische Konzept in der Deutschen Schule zum Ausdruck.

"Vor" ist in System Lichtenauer unbedingt anzustreben, denn es gilt: Wer angegriffen wird und sich verteidigen muss, kann nicht selber angreifen. Während im MS 3227a  klar gesagt wird, dass alleine der Vorschlag der beste Weg ist um ein Gefecht zu gewinnen, sind die anderen Autoren der Auffassung, dass auch im Nach zumindest eine Möglichkeit besteht. 

Indes ist mehr ein Konzept oder eine Strategie, als eine reine Fechtzeit. Die drei Quellen sind an dieser und an vielen anderen Stellen so ähnlich, dass sie entweder die Manuskripte des jeweils anderen kannten und als Vorlage gebraucht haben, oder es gab einen gemeinsamen Urtext, aus dem alle drei Ihre Fechtbücher entwickelt haben. Wichtige Eckpunkte dabei:

  • Indes sollst Du handeln, damit Du im Vor bleibst.
  • Indes sollst Du handeln, damit Du ins Vor kommst.
  • Indes und Fühlen sind eng mit einander verbunden. Erst das Fühlen ermöglicht Indes zu handeln, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren.